Digital Detox im papierlosen Büro

Wie abhängig ist die Effizienz unserer Arbeit von WLAN, uneingeschränktem Datenzugriff & Co.?

  • „Du hast Probleme, dich zu fokussieren? Dann arbeite doch einfach offline weiter!“
  • „Das Leben findet offline statt!“
  • „Digital Detox hat mir geholfen, wieder effizienter arbeiten zu können!“
  • „Versuch’s doch mal ganz Oldschool mit Stift und Papier – So entstehen wahre Wunder!“
  • „Unsere Kreativität wird durch die Reizüberflutung der Sozialen Medien total gehemmt!“

Egal ob wir LinkedIn öffnen, die neusten New Work Artikel überfliegen oder uns mit Bekannten über unseren kräftezehrenden Arbeitsalltag unterhalten – irgendwann kommt es zu der Frage: „Hast du es schon mal mit Digital Detox versucht?“. Oftmals wird dann von weltverändernden Artikeln oder eigenen Erfahrungen berichtet und die Euphorie über das Konzept der Offline-Arbeit wächst ins Unermessliche.

In diesem Artikel gehen wir nicht nur dem Phänomen Digital Detox im beruflichen Kontext auf den Grund, sondern hinterfragen das Dilemma Offline Arbeit vs. papierloses Büro. Denn wie soll ein Konzept, das darauf beruht, sich während der Arbeit vom Datenfluss zu separieren funktionieren, wenn die eigene Arbeit vollkommen abhängig von ebendiesem Informationsfluss ist?

Was ist Digital Detox?

Den Begriff Detox kennen vermutlich die meisten aus Trend-Diäten, in denen es darum geht, den Körper zu entgiften. Passendes Stichwort, denn beim Digital Detox steht ebenfalls die Entgiftung des Körpers im Fokus. Aber weder von Zucker oder Alkohol, viel mehr von Bildschirmen, Technik, Internet und oftmals besonders zentral von Sozialen Medien.

Wie funktioniert Digital Detox?

Die Grundlage dieses Konzepts ist es, einen bewussten Umgang mit den oben aufgezählten Faktoren zu entwickeln. Auf sich selbst und seinen Körper hören und wenn alles zu viel wird entsprechende Maßnahmen ergreifen wie beispielsweise sich vom Bildschirm zu lösen, die Sozialen Medien für den Rest des Tages geschlossen lassen oder einfach mal der Ruhe lauschen – ohne weitere Hintergrundbeschallung.

Für viele von uns ist es mittlerweile vermutlich schon viel verlangt, darauf zu achten, Second Screen zu vermeiden.

Der Begriff Second Screen beschreibt die Nutzung eines zweiten Bildschirms, der parallel zum Hauptmedium läuft. Ursprünglich ging es hierbei um das Konzept des Social TV: Also die Nutzung einer TV-begleitenden App, um sich während des Fernsehprogramms mit anderen ZuschauerInnen austauschen zu können. Heute umfasst der Begriff viel mehr, wie beispielsweise die allgemeine Nutzung des Smartphones, während der Fernseher läuft. Der Unterschied zum Social TV: Beide Medien stellen jeweils unterschiedliche Inhalte zur Verfügung. Das fatale am Second Screen: Der Körper und die Psyche gewöhnen sich schnell an diese Doppelbeschallung und können sich irgendwann nicht mehr entspannen, wenn es vollkommen still ist. Außerdem leidet unsere Aufmerksamkeitsspanne erheblich darunter. Weil wir beim Second Screening weder Medium A noch Medium B die volle Aufmerksamkeit schenken, gewöhnen wir uns daran, unsere Aufmerksamkeit oberflächlich, aber flächendeckend anzupassen. So können wir viel hören und sehen, nehmen jedoch nur einen Bruchteil wirklich tiefgehend und nachhaltig auf.

Die Maßnahmen des Digital Detox

Wie bereits erwähnt wird im Allgemeinen dazu geraten, sich während der Zeit des Digital Detox von sämtlicher Technik zu distanzieren und wieder ganz Oldschool zu Stift und Papier zu greifen, den klassischen Medien wie Buch, Zeitung und Zeitschrift mehr Aufmerksamkeit zu widmen und sich von ständiger Erreichbarkeit und den vielen Reizen unseres medienbasierten und digitalen Alltags zu verabschieden. Um das zu erreichen, gibt es folgende Methoden:

Analyse der Bildschirmzeit

Digital Detox klingt mit Sicherheit für viele nach einer großen Herausforderung. Um zu verstehen, wo und wie man am besten damit beginnen kann, ist der erste Schritt meist eine Analyse der Zeit, die vor dem Bildschirm – egal ob Smartphone, privater Rechner oder am PC auf der Arbeit – verbracht wird. Abhängig von Gerät und Betriebssystem können Sie sich sogar detailliert anzeigen lassen, wie lange Sie welche App genutzt haben.

Daraufhin die Fragen:

  • Welche Anwendungen tun mir in meinem Alltag gut und helfen mir vielleicht sogar dabei, strukturiert und effizient den Tag zu meistern?
  • Welche digitale Zeit laugt besonders aus?
  • Ist ein Aufwiegen des Nutzenfaktors möglich? Was gibt mir diese bestimmte Zeit mit einer Anwendung und würde mir Offline-Zeit in dem Moment vielleicht mehr Nutzen bieten?

Definieren von Offline-Zeiten

Das aktive Einplanen von Offline-Zeiten mit Hilfsmitteln wie Fokus-Modi am Smartphone oder Aktivitätszeiten am Rechner können schon in kleinen Schritten beim Digital Detox helfen. Wir kennen es alle: Nehmen wir uns solch einen Detox nicht als festen Termin vor, beginnt der Teufelskreis des Aufschiebens.

Zeitbeschränkungen einstellen

Es gibt mittlerweile die Möglichkeit, für verschiedene Anwendungen zeitliche Beschränkungen festzulegen. So kann beispielsweise definiert werden, dass die/der NutzerIn ausschließlich 30 Minuten am Tag auf Instagram oder TikTok verbringen darf. Natürlich ist hier die private Nutzung gemeint. Wobei die Ausrede: „Liebes Team, ich kann meine Arbeit nicht erledigen, denn mein App-Pensum ist bereits aufgebraucht!“ auch mal eine Abwechslung wert wäre! 

All das mag jetzt sehr analytisch und sachlich klingen. Wir sollten aber alle im Hinterkopf behalten, dass hier auch Emotionalität eine große Rolle spielt. Denn während der Zeit, in der wir online sind, passiert offline etwas, dem wir nicht unsere volle Aufmerksamkeit widmen können. Für viele spielt hier die Familie, Freunde oder im Allgemeinen das Privatleben eine große Rolle. Im beruflichen Kontext geht vielleicht vor lauter Bildschirm mal eine anregende Unterhaltung, die für den ein oder anderen kreativen Input gesorgt hätte, verloren.

Das papierlose Büro und / oder der Digital Detox

All das klingt in dieser schnelllebigen Welt nach einer großen Entlastung. Im privaten Kontext mag das auch der Fall sein, wenn es aber an den Arbeitsplatz geht, stehen wir alle vor einem großen Dilemma! Wir setzen uns für Prozessdigitalisierung, das papierlose Büro und einen effizienten Informationsfluss ein. Klären Menschen jeden Tag über die Vorteile des papierlosen Büros auf und entwickeln Lösungen wie Sie noch digitaler, effizienter und automatisierter arbeiten können. Nun kommt der Digital Detox und argumentiert gegen all das, worauf unsere Arbeit beruht – und das auch noch gut? Das Dilemma ist geschaffen und wir sind auf der Suche nach einer Vereinbarkeit der beiden Ansätze, denn beide haben absolut relevante Vorteile – sowohl für den Mensch als ArbeitnehmerIn als auch das Unternehmen als wirtschaftliches Konstrukt. 

Das Dilemma

Beim papierlosen Büro geht es darum, den Papierverbrauch bei der Arbeit so niedrig wie nur möglich zu halten. Um das zu erreichen, werden digitale Lösungen wie beispielsweise ein Enterprise-Content-Management-System (ECM) eingesetzt. Solch eine Anwendung sorgt unter anderem dafür, dass arbeitsrelevante Dokumente digital zur Verfügung gestellt werden und so alle Betroffenen zu jeder Zeit mit den benötigten Inhalten arbeiten können – egal ob beim Erstellen, Abstimmen und Überarbeiten von Dokumenten oder eben auch beim Versenden, Ablegen und Archivieren.

Da grätscht der Digital Detox im ersten Moment natürlich ganz schön dazwischen. Denn wenn nun auch bei der Arbeit auf Bildschirm, Internet & Co. verzichtet werden soll, wird der Informationsfluss gestört bzw. unterbrochen und viele Vorteile der eingesetzten digitalen Lösung sind hinfällig.

ABER! Natürlich lassen sich auch in einer digitalen Lösung wie einem ECM die jeweiligen Dokumente offline verfügbar machen und somit ist es problemlos möglich, ohne weitere Ablenkung ungestört zu arbeiten. Sobald die Internetverbindung wieder besteht, können Sie den aktuellen Stand wieder im System mit den KollegInnen und StakeholderInnen teilen. Doch all das erfüllt nur einen Teil des Digital Detox, denn die Bildschirmzeit wird auf diese Weise nicht verringert.

 Ergo: Bildschirmzeit reduzieren, bedeutet automatisch Papierverbrauch erhöhen und Effizienz mindern. Für die/den ArbeitnehmerIn vermutlich kein großes Problem, für das innovative Unternehmen mit automatisierten digitalen Prozessen hingegen ein Rückschritt.

Fazit: Die Vereinbarkeit der Gegensätze

Der Digital Detox und das papierlose Büro – gegensätzlicher können Arbeitskonzepte kaum sein. Trotz allem haben beide Ansätze sehr gute und wichtige Vorteile, um die digitale Arbeit an diesen schnelllebigen und fordernden Märkten so effizient und angenehm wie nur möglich zu gestalten.

Die Lösung: Ein Mittelweg, der es ermöglicht, die Vorteile von digitalen Lösungen zu nutzen und gleichzeitig bedenkt mit den Risiken der digitalen Arbeit umzugehen.

Unser Input:

Der digitale Overload (digitale Reizüberflutung), der einen Digital Detox erst erforderlich macht, kann erhebliche Folgen auf Sie als Individuum aber auch auf die Qualität Ihrer Arbeit haben. Um das zu vermeiden, sollten Sie folgende Tipps befolgen:

  • Hinterfragen Sie den Einsatz jeder Anwendung und jeder Erweiterung. Hier ist Minimalismus angesagt: Alles, was Sie nicht benötigen, fliegt raus! Es lenkt sowieso nur ab und lässt keine konzentrierte Arbeit zu! Wichtig sind also ausschließlich die Systeme, Programme, Tools und Ähnliches, die für die Erledigung der anstehenden Aufgaben notwendig sind. Zusätzlich sollten Sie im Idealfall auch nur die Anwendungen öffnen, die zu dem Zeitpunkt auch wirklich Verwendung finden.
  • Der Fokus ist existenziell! Wir empfehlen, in Kombination mit digitalen Lösungen, verschiedene Methoden der Fokusarbeit auszuprobieren wie beispielsweise die Pomodoro-Technik – so nutzen Sie Ihre Zeit fokussiert.
  • Das A und O ist jedoch: Behalten Sie stets Struktur und Ordnung. Anwendungen im Bereich der digitalen Arbeit bieten effiziente Strukturen und Suchfunktionen, die die beste Voraussetzung für wenig Chaos im papierlosen Büro sind. Wenn Sie dieses vordefinierte System nun auch noch richtig anwenden, können Sie problemlos effizient damit arbeiten. Denn wo Ordnung herrscht, kommt es selten zur Reizüberflutung.

Mit diesen Methoden werden die kräftezehrenden Reize der digitalen Arbeit und damit auch der Bedarf nach Digital Detox auf ein Minimum reduziert. Kommt es doch mal vor, dass Sie Distanz zu Ihrem Bildschirm benötigen, empfiehlt es sich, diese Zeit für persönliche Meetings zu nutzen, die Beziehung zu KundInnen, StakeholderInnen und KollegInnen zu pflegen oder doch in Ausnahmefällen mal mit Stift auf Papier zu Brainstormen.

 

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