New Work – was ist das eigentlich?

Von dem Konzept und seinen Vorteilen

Veröffentlicht am: 17. Mai 2021

Hinweis: Wir verzichten aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen und verwenden das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter (d/m/w).

Das Thema New Work beschäftigt nun schon seit geraumer Zeit viele Arbeitnehmer und -geber. Erstmals tauchte der Begriff in den 1980ern auf. Der Sozialphilosoph Prof. Dr. Frithjof Bergmann beschäftigte sich kritisch mit dem Freiheitsbegriff. Dabei stellte er fest, dass das aktuelle System der Lohnarbeit deutliche Defizite aufweist. Seiner Meinung nach schränkt die Arbeit die Freiheit des Menschen ein. Um diese Defizite zu beheben, wollte er der „alten Arbeitswelt“ ein Ende setzen, indem er ein neues System erschuf, in der er den Menschen und seine Selbstverwirklichung in den Mittelpunkt rückte. Unter dem Begriff „New Work“ soll eine völlig neue Form der Arbeit entstehen, die den Weg zum selbstbestimmten Arbeiten ebnet. Freiheit, Selbstständigkeit und Zusammenarbeit sind ihre zentralen Werte.

Obwohl Bergmanns Vorstellung einer „neuen Arbeitswelt“ bereits Jahrzehnte zurückliegt, ist er heute aktueller denn je. Die fortschreitende Digitalisierung sorgt dafür, dass immer mehr Menschen auf das Konzept der „New Work“ aufmerksam werden. Und obwohl so viel Zeit vergangen ist, ist das Grundprinzip das Gleiche wie vor 40 Jahren: das selbstbestimme Arbeiten. Heute liegt der Fokus nicht mehr auf der Abschaffung der Lohnarbeit, sondern auf der Arbeitszeit- und Arbeitsortflexibilisierung sowie dem generellen Wandel von Strukturen und festgefahrenen Denkmustern in Unternehmen.

In diesem Beitrag klären wir, was von Bergmanns Ursprungsgedanken übriggeblieben ist, ob die Umsetzung der neuen Arbeit seiner Vision überhaupt noch entspricht und welche Vorteile die gegenwärtige „New Work“ bringt.

Auf einen Blick

Unser Verständnis von New Work

Jeder Wandel erfordert Anpassungen! So auch der stetige wirtschaftliche und kulturelle Wandel. Die Lösung: ein zeitgemäßes und innovatives, werteorientiertes und nachhaltiges Arbeitsumfeld, das die MitarbeiterInnen motiviert und eine reibungslose Zusammenarbeit ermöglicht.

Wie diese Lösung gewährleistet werden kann? Mithilfe von Instrumenten, die sich mit Arbeitszeit und -ort, Kollaboration und Kommunikation sowie dem passenden Führungsstil auseinandersetzen. Im Fokus dabei: ein sinnhaft flexibler Arbeitsalltag und das gleichzeitige Erreichen des großen Unternehmensziels.

Work Life Balance

New Work verfolgt grundsätzlich das Ziel, Privatleben und Arbeit in Einklang zu bringen, indem sie ein Gleichgewicht zwischen beiden Parametern schafft (Work Life Balance). Neben der Arbeit sollen die Menschen ausreichend Zeit für ihre Selbstverwirklichung haben. Das wird durch modernere Führungsstile, mindestens teil-flexible Arbeitszeiten, ortsunabhängiges Arbeiten und weitere Veränderungen für jegliche Prozesse und Arbeitsabläufe garantiert. Was zunächst nach vielen Freiheiten klingt, ist gar nicht so einfach, denn diese Strukturen lassen sich nicht überall sinnstiftend umsetzen.

Flexible Arbeitszeit

Dem 9-to-5-Job wird nach dem New Work Konzept ein Ende gesetzt. Statt sich an feste Arbeitszeiten halten zu müssen, können sich MitarbeiterInnen in vielen Unternehmen ihre Arbeitszeit flexibel einteilen. Entsprechend der eigenen Produktivität lieber früh morgens oder am späteren Vormittag mit der Arbeit beginnen wird damit möglich. Am Ende zählt nur die Qualität der Arbeit und nicht die Anzahl der gearbeiteten Stunden. Aber Achtung: „flexibel“ bedeutet nicht „jeder kann arbeiten, wann er will“, sondern viel mehr die Möglichkeit die Arbeitszeit an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, ohne dabei Abläufe im Unternehmen durcheinander zu bringen. Um Chaos zu vermeiden, sollte das Unternehmen Leitlinien erstellen, wie zum Beispiel Kernarbeitszeiten. Außerdem müssen die unterschiedlichen Arbeitszeiten der einzelnen MitarbeiterInnen transparent sein – anders können eine gute interne Kommunikation und Absprachen nicht gewährleistet sein.

Für ArbeitgeberInnen ist zudem schwer einsehbar, ob Pausen eingehalten oder Überstunden gemacht werden. Vor allem aus arbeitsrechtlicher Sicht ist dies bedenklich. Aber auch für die MitarbeiterInnen selbst kann eine Nichteinhaltung der Pausen zum Verhängnis werden, denn sie können schnell in eine „Always-on-Mentalität“ verfallen: Sie machen kaum Pausen, sind nahezu immer erreichbar und schalten nie wirklich ab. Die Work Life Balance wird zum Work Life Blending, wobei Arbeits- und Privatleben ineinander übergehen und die Grenzen dazwischen allmählich verschwinden.

Unternehmen müssen sich gezielt Gedanken darüber machen, wie sich das Verschwimmen der Grenzen vermeiden lässt, damit sich die flexible Arbeitszeit nicht zum Nachteil für alle Beteiligten entwickelt. So sind flexible Arbeitszeiten nur dann sinnvoll, wenn sie tatsächlich dazu beitragen, den Menschen mehr Freiheiten zu bieten und nicht das Gegenteil bewirken. Entsprechende Tools und klar kommunizierte Absprachen im Unternehmen können dabei helfen.

Ortsunabhängiges Arbeiten

Eng mit der flexiblen Arbeitszeit verknüpft ist das ortsunabhängige Arbeiten. Mittlerweile haben sich neben der klassischen Arbeit im Büro zahlreiche neue Möglichkeiten für die Arbeitsplatzwahl etabliert. Laut der Bitkom-Studie hat jeder 10. Arbeitnehmer keinen eigenen Arbeitsplatz mehr. Stattdessen existieren shared-desk Büros, bei denen sich mehrere MitarbeiterInnen einen Schreibtisch teilen oder non-territoriale Büros, in denen die Arbeitsplätze täglich frei gewählt werden.

Den größten Anklang findet jedoch das Home-Office, bei dem von jedem beliebigen Ort aus gearbeitet werden kann. Laut Bitkom fordern 45% der Befragten ein Recht auf Home-Office. Doch was macht diese Arbeitsform so attraktiv? Für viele bedeutet es mehr Freiheit. Der Arbeitsplatz lässt sich in den eigenen vier Wänden besser an die individuellen Bedürfnisse anpassen, was sich positiv auf die Produktivität auswirken kann. Außerdem sparen sich Pendler lange Arbeitswege, die wiederum wertvolle Freizeit gewinnen. Auch die Ablenkung durch KollegInnen und den Lärmpegel eines Großraumbüros wird vermindert und es bleibt mehr Zeit für die eigentliche produktive Arbeit.

Doch auch das Arbeiten von Zuhause birgt großes Potenzial für Ablenkung, wie etwa dem Wäscheberg, der noch gewaschen werden muss, oder sonstige private Angelegenheiten. Die Grenzen zwischen Beruf und Privatem verschwimmen immer weiter, wenn alles in denselben Räumlichkeiten stattfindet.

Für ArbeitgeberInnen bedeutet die Arbeit aus dem Home-Office weniger Kontrolle, denn es lässt sich nur schwer überprüfen, ob die MitarbeiterInnen zuhause tatsächlich ihrer Arbeit nachgehen. Zudem müssen vor allem die Einhaltung von Arbeitsschutz und Datenschutzbestimmungen gewährlistet werden. Gerade der Datenschutz spielt hier eine große Rolle.

Der geringere Kontakt zu KollegInnen sorgt zwar einerseits für ein ruhigeres Arbeitsumfeld, kann aber andererseits auch einen gewissen Vereinsamungseffekt hervorrufen, der sich auf Dauer negativ auf die Arbeit und die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen auswirken kann.

Doch auch diese Hürden können mit geeigneten digitalen Tools gemeistert werden. Mit regelmäßigen Videocalls kann eine gewisse Nähe zu Kollegen und Kolleginnen gewährleistet werden und die Kommunikation wird durch das ortsunabhängige Arbeiten nicht gestört.

Zusammenarbeit und Kommunikation

Die Zusammenarbeit und das Gemeinschaftsgefühl gelten als zentrale und wichtige Leitprinzipien der „New Work“. Aber wie soll ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, wenn jeder arbeitet, wo und wann er will? Unsere gesamte Arbeits- und Meetingstruktur muss demnach an die neue Arbeitswelt angepasst werden. Meetings finden vermehrt online statt. Dadurch wird es allen MitarbeiterInnen ermöglicht, an Besprechungen teilzunehmen, egal wo sich ihr Arbeitsplatz befindet. Die technischen Voraussetzungen (mobile Endgeräte und eine stabile Internetverbindung) müssen dementsprechend berücksichtigt und erfüllt werden. Die Einrichtung des Arbeitsplatzes in ihren eigenen vier Wänden obliegt den MitarbeiterInnen selbst. ArbeitgeberInnen stellen zwar meist einen Rechner zur Verfügung, für die Internetverbindung ist in der Regel jedoch jeder selbst verantwortlich.

Darüber hinaus sollte eine vernetzte digitale Infrastruktur vorliegen, die es den Angestellten ortsunabhängig ermöglicht auf Unterlagen zuzugreifen. Nur so ist eine standortübergreifende Zusammenarbeit überhaupt möglich.

Entscheidend für eine gute Zusammenarbeit ist zudem der ständige Austausch untereinander. Den Informationsfluss standortübergreifend aufrecht zu erhalten ist kompliziert. Man kann nicht einfach mal ins anliegende Büro gehen und bei den KollegInnen vorbeischauen. Doch auch hierfür gibt es bereits zahlreiche Lösungen. Mithilfe von Kommunikations-Tools wie beispielsweise MS Teams, Slack oder Skype wird es möglich, in Echtzeit miteinander zu kommunizieren – schriftlich oder per (Video-)Anruf. Sie ermöglichen es auch, innerhalb von Arbeitsgruppen und Abteilungen zu kommunizieren und Meetings ganz einfach online durchzuführen.

Flache Hierarchien und Agilität

Auch flache Hierarchien gehören zum New Work Ansatz. Das Stichwort hierbei lautet „New Leadership“. Bei diesem Führungsstil stehen Werte wie Zusammenarbeit, Gemeinschaft, Nachhaltigkeit, Offenheit und Zugänglichkeit an oberster Stelle. Sie ermöglichen eine selbstbestimmte und autonome Arbeitsweise, die auf gegenseitigem Vertrauen basiert. Statt als übergeordnete Rolle sehen sich die Führungskräfte eher als Teil des Teams. Die Förderung der MitarbeiterInnen wird durch Offenheit, Fairness und Respekt gefördert. Auch eine offene Feedbackkultur und ehrliche Kommunikation gehören dazu.

Trotzdem ist bei der Umstellung Vorsicht geboten. Hierarchien sorgen für einen sicheren Rahmen und klare Leitlinien. Werden die hierarchischen Strukturen zu schnell aufgebrochen, kann es dazu führen, dass MitarbeiterInnen durch das plötzliche „freischwimmen“ überfordert sind, Führungskräfte das Gefühl von Autoritätsverlust empfinden und die Entscheidungsfindung erschwert wird. All das führt zu einem angespannteren Arbeitsverhältnis, statt zu der angestrebten, lockeren Atmosphäre. Den Schritt, bestehende Hierarchien aufzubrechen, sollten Unternehmen daher nur wagen, wenn sich alle Beteiligten wohlfühlen und dabei behutsam vorgehen.

Einen Schritt weiter gehen Firmen, die völlig auf Führungspositionen verzichten und direkt alle MitarbeiterInnen in sämtliche Entscheidungsprozesse miteinbeziehen. Abteilungen werden durch interdisziplinäre Teams ersetzt, in denen sämtliche benötigte Kompetenzen vorhanden sind. Diese Organisationsstruktur nennt sich Holokratie. Unternehmen versprechen sich davon mehr Transparenz, eine verbesserte Kommunikation und mehr Kreativität. Allerdings sind durch das Fehlen von Führungspersonen keine Aufstiegschancen im klassischen Sinne möglich, weshalb viele ArbeitnehmerInnen dieser Struktur skeptisch gegenüberstehen. Bisher wagen nur wenige Unternehmen den Schritt in die Holokratie.

Was gibt es noch? – New Recruiting

Das Heranwachsen der Generationen Y und Z und die damit einhergehenden neuen Anforderungen an die Arbeitswelt erfordern einen neuen Ansatz für das Recruiting. In den letzten Jahren haben sich moderne Bewerbungsverfahren entwickelt: Reverse Recruiting, Social Media Recruiting und Video Recruiting.

Reverse Recruiting: Der klassische Bewerbungsprozess wird komplett auf den Kopf gestellt. Hierbei bewerben sich ArbeitgeberInnen bei den ArbeitnehmerInnen und nicht andersherum. Meist läuft das ganze über Reverse Recruiting Portale ab, in denen sich die KandidatInnen ein Profil erstellen. Dort geben sie ihre Fähigkeiten und die gesuchte Tätigkeit an. Die Unternehmen können sich aus dem Bewerbertool für sie passende KandidatInnen aussuchen und diesen ihre Bewerbung mit den wichtigsten Informationen zur angebotenen Stelle schicken. Ist die angebotene Stelle für den/die BewerberIn interessant, steht dem Vorstellungsgespräch nichts mehr im Weg.

Social Media Recruiting: Da das Work Life Blending voranschreitet, können Unternehmen diesen Trend nutzen und Talente gezielt dort ansprechen, wo sie sich die meiste Zeit aufhalten: auf sozialen Medien wie Xing, LinkedIn, Twitter, Instagram und Co.

Video-Recruiting: Hier wird durch die sich erübrigende An- und Abreise der KandidatInnen erheblich viel Zeit gespart. Dadurch läuft der gesamte Prozess schneller und flexibler ab.

Fazit

Der New Work Ansatz verfolgt mit der besseren Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben ein in unserer schnelllebigen Welt wichtiges Ziel. Will ein Unternehmen heutzutage im sogenannten „War of Talents“ mithalten, sollte es seine Arbeitskultur an die Anforderungen der neuen Arbeitswelt anpassen. Trotz all der positiven Aspekte, die der New Work Ansatz auf den ersten Blick mit sich bringt, sollte die Umsetzung des Konzeptes ganzheitlich und bedacht durchgeführt werden. Letztendlich müssen ArbeitgeberInnen selbst entscheiden, wie Freiheit und Flexibilität im eigenen Unternehmen sinnvoll umzusetzen sind.

Fest steht: New Work begleitet uns jetzt schon eine Weile und wird es auch in Zukunft noch – Warum also nicht schon heute im eigenen Unternehmen damit beginnen?

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Was bedeutet New Work eigentlich?

New Work – was ist das eigentlich?

Das Thema New Work beschäftigt nun schon seit geraumer Zeit viele Arbeitnehmer und -geber. In diesem Beitrag klären wir, wo dieses Konzept seinen Ursprung hat, was davon noch übrig ist und welche Vorteile es bringt.

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